Längere Verzögerungen in Asien

Unternehmen in Asien leiden unter hohen Zahlungsverzögerungen. Sie warten merklich länger auf ihr Geld: Zwei von drei Unternehmen (63 Prozent) in der Region Asien-Pazifik haben im vergangenen Jahr Zahlungsverzögerungen erlebt. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des internationalen Kreditversicherers Coface in neun Ländern in Asien und dem pazifischen Raum. In Asien nahmen die ultralangen Überziehungen deutlich zu: 16,5 Prozent der Unternehmen mussten 120 Tage und länger als vereinbart auf ihr Geld warten, im Jahr zuvor waren es 12,5 Prozent. Die längsten Verzögerungen erlebten Unternehmen in China und Indien. Am schnellsten bezahlt wurden Unternehmen in Malaysia, Taiwan und Japan. Bei den Branchen beklagten der Energie- und der Bausektor die höchsten Anteile an Überziehungen über 90 Tage.
„Nach unserer Erfahrung werden Zahlungsverzögerungen dann zum Risiko für die Liquidität, wenn sie länger als 90 Tage dauern und zwei Prozent des Umsatzes überschreiten“, erläutert Michael Tawrowsky, Country Manager der Coface in Österreich. Bei einem Drittel (33 Prozent) der Unternehmen war das 2017 der Fall, so die Studie. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg von 7 Prozent. Noch gefährlicher dürften die Verzögerungen für 10 Prozent der Firmen gewesen sein, bei denen die Summe mindestens 10 Prozent des Umsatzes ausmachten. 2016 waren das noch 5 Prozent der befragten Unternehmen.
Als Hauptgründe für Zahlungsverzögerungen gaben die etwa 3.000 befragten Unternehmen aus China, Indien, Malaysia, Hong Kong, Japan, Australien, Singapur, Taiwan und Thailand finanzielle Probleme der Abnehmer aufgrund des verstärkten Wettbewerbs und Margendrucks an. „Dies steht oftmals in Verbindung mit mangelnden Finanzreserven“, erklärt Tawrowsky.
Bereits Ausweitung der Zahlungsziele
Nicht erst bei der Bezahlung selbst, sondern schon bei den Zahlungszielen nimmt der Druck offensichtlich zu. So stieg das durchschnittliche Zahlungsziel von 59 auf 64 Tage. Japanische Unternehmen räumen im Schnitt mit 98 Tagen die längsten Fristen ein, wobei 52 Prozent sogar 120 Tage und mehr gewähren. In Malaysia hingegen liegt das durchschnittliche Ziel bei 48 Tagen. Die Mehrheit der Unternehmen dort (50 Prozent) legt 30 Tage oder weniger fest. Generell, das zeigt die Coface-Befragung, werden in Märkten, in denen das Forderungsmanagement und Kreditversicherungen etabliert sind, längere Zahlungsziele vereinbart.
Optimismus in Sachen Wirtschaftswachstum
In Sachen Wirtschaftswachstum herrscht dennoch unter den Befragten Optimismus: 68 Prozent der Unternehmen erwarten, dass sich das Wirtschaftswachstum in Asien-Pazifik sogar noch verbessern wird. Auch bei den Vertriebs-, Finanz- und Risikomanagern überwiegen positive Erwartungen. 47 Prozent gaben an, dass sich 2017 die Absatzzahlen verbessert hatten, 55 Prozent erwarten das für das laufende Jahr. Identisch der Verlauf und die Erwartungen beim Cash Flow: Bei 46 Prozent hatte sich die Liquidität 2017 verbessert, 53 Prozent gehen davon aus, dass dies auch 2018 so sein wird.
Drei-Jahres-Betrachtung der neun untersuchten Länder
Australien: Hier stieg sowohl die Anzahl der Unternehmen, die Zahlungsverzögerungen in den letzten zwölf Monaten erlebten, als auch die Summe der Forderungen an. 2017 waren 87,1 Prozent der Unternehmen betroffen, im Jahr zuvor nur 59,5 Prozent. Bei 32,4 Prozent nahm das Volumen der Außenstände zu, 2016 berichteten das nur 9,1 Prozent. Kontinuierlich steigen Down Under die Verzögerungen über 90 Tage: von 4,8 Prozent (2015) über 6,8 Prozent 2016 auf zuletzt 9,5 Prozent. Parallel dazu steigt die Kurve der Unternehmen, bei denen sehr lange Überziehungen mehr als 2 Prozent des Umsatzes betreffen: 9,7 Prozent (2017), 13,6 Prozent (2016) 28,4 Prozent (2017).
China: In China erlebten mit 63,8 Prozent weniger Unternehmen Überziehungen als 2016 (67,9 Prozent). 2015 waren es sogar noch über 80 Prozent. Auch die Zahl der Unternehmen, die auf höhere Summen warten mussten, ging zurück, auf 28,6 Prozent nach 45,6 Prozent 2016 und über 58 Prozent 2015. Umgekehrt ist der Trend indes bei den sehr langen Überziehungen über 90 Tagen und den Verzögerungen, die mehr als 2 Prozent des Umsatzes ausmachen. 90 Tage und länger 2015: 21 Prozent, 2016: 26,3 Prozent, 2017: 34,4 Prozent. Ultralang mit mehr als 2 Prozent des Jahresumsatzes 2015: 33,4 Prozent, 2016: 35,7 Prozent, 2017: 48,1 Prozent.
Hong Kong: in Hing Kong ist die Situation in allen untersuchten Kategorien recht stabil. So berichteten jetzt 58,2 Prozent der Unternehmen von Zahlungszielüberschreitungen. Im Jahr zuvor waren es 53,6 Prozent, 2015 mit 55,4 Prozent annähernd gleich viele. Auch der Anteil der Unternehmen, die höhere Summen verbuchen mussten, bewegt sich gleichförmig: 2015 waren es 18,4 Prozent, im Jahr darauf 20,6 Prozent und 2017 wieder etwas weniger 17,7 Prozent. Dasselbe Bild bei den Überziehungen um 90 Tage und mehr: 2015: 17,7 Prozent, 2016: 15,8 Prozent und 2017: 15,9 Prozent. Ebenso bei den kritischen Längen über 90 Tage bei gelichzeitig hohem Volumen über 2 Prozent des Jahresumsatzes. 2015: 32,9 Prozent, 2016: 23,9 Prozent, 2017: 26,2 Prozent. Hong Kong liegt damit in allen Parametern unter dem Durchschnitt der Asien-Pazifik-Region.
Indien: Im Gegensatz zu Hong Kong liegen die Werte für Indien über dem regionalen Durchschnitt der neun von Coface untersuchten Länder. Die Anzahl der Unternehmen, die Zahlungsüberziehungen meldeten, stieg in den letzten drei Jahren auf schon hohem Niveau weiter an: von 84,0 Prozent (2015) über 84,8 Prozent (2016) auf 86,8 Prozent in der 2017er Umfrage. Mehr als verdreifacht hat sich der Anteil der Unternehmen, bei den die ausstehenden Forderungen angestiegen waren: 2015 waren das 10,0 Prozent, im Jahr darauf schon 29,2 Prozent und 2017 mehr als jedes dritte Unternehmen: 35,7 Prozent. In ähnlicher Weise stieg die Zahl derer, die sehr lange Verzögerungen hinnehmen mussten: von 8,0 Prozent über 22,1 Prozent auf 28,6 Prozent. Bei konstant etwa jedem dritten Lieferanten wird die Zwei-Prozent-Umsatzmarke überschritten, von 2015 bis 2017: 32,0 Prozent, 29,8 Prozent, 36,8 Prozent.
Japan: In Japan haben sich die Zahlungsziele deutlich verlängert, von durchschnittlich 75 Tagen 2016 auf 98 Tage 2017. Dennoch erlebt die Hälfte der Unternehmen Verzögerungen beim Zahlungseingang. Die 50,0 Prozent 2017 sind zudem eine Steigerung gegenüber 2015 und 2016 (45,4 bzw. 46,4 Prozent). Ähnlich wie im Vorjahr (17,1 Prozent) gaben relativ wenige Unternehmen (16,4 Prozent) an, dass sich die Summen der Außenstände erhöht haben. 2015 lag diese Zahl mit 21,7 Prozent noch höher. Verdoppelt hat sich allerdings gegenüber 2016 der Anteil der Unternehmen mit Außenständen länger als drei Monate. Der Wert, der 2015 bei 10,1 Prozent gelegen hatte, stieg von 2016 auf 2017 von 8,6 Prozent auf 17,8 Prozent. Entspannt ist in Japan der Blick auf sehr hohe und gleichzeitig sehr lange Überziehungen. Davon waren nur 6,8 Prozent der Unternehmen betroffen. Ähnlich niedrig lagen die Werte in den Vorjahren: 2016 waren es 8,7 Prozent, 2015 sogar nur 2,9 Prozent.
Malaysia: Für Malaysia liegen keine Vergleichszahlen für Vorjahre vor. 2017 waren die Ergebnisse deutlich besser als im Durchschnitt der untersuchten Länder im Asien-Pazifik-Raum. 20,6 Prozent haben Zahlungsverzögerungen erlebt, bei 21,2 Prozent gab es eine Steigerung bei den betroffenen Summen. Nur 6,1 Prozent hatten lange Überziehungen über 90 Tage nach Zahlungsziel, und nur bei 9,1 Prozent waren mehr als 2 Prozent des Umsatzes lange überfällig.
Singapur: Im Stadtstaat hat sich die Situation 2017 im Vergleich zu den Vorjahren bei der Anzahl der Unternehmen, die Zahlungsverzögerungen erlitten, und bei den Außenstandsummen verbessert. Unternehmen mit Zahlungsverzögerungen 2015 bis 2017: 80,7 Prozent, 79,2 Prozent, 72,0 Prozent. Steigerungen der Forderungen sahen 2015 noch 49,3 Prozent, im Jahr darauf 42,6 Prozent und zuletzt 29,2 Prozent. Gegenläufig ist die Entwicklung bei den langen Verzögerungen über 90 Tage und bei den kritischen Volumina über 2 Prozent des Umsatzes. Hier stiegen die Werte nach einer Verbesserung 2016 im letzten Jahr wieder deutlich an. Lange Verzögerungen: 14,1 Prozent (2015), 3,3 Prozent (2016), 22.2 Prozent (2017). Sehr lange Verzögerung über Zwei-Prozent-Umsatzmarke: 35,2 Prozent (2015), 25,0 Prozent (2016), 44,4 Prozent (2017).
Taiwan: In Taiwan steigt der Anteil der Unternehmen, die Verzögerungen erleben, kontinuierlich an und nähert sich dem Durchschnittswert für die gesamte Region. Der Wert stieg von 48,6 Prozent 2015 über 51,6 Prozent 2016 auf 60,7 Prozent 2017. Dagegen sinkt der Anteil der Firmen, bei denen sich die Summen im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr erhöht haben, leicht von 18,3 Prozent über 17,6 Prozent auf 14,0 Prozent. Wieder gestiegen ist der Wert für Überziehungen länger als drei Monate. Nachdem es 2016 eine Verbesserung von 11,8 auf 8,8 Prozent gegeben hatte, berichten nun mehr als doppelt so viele Firmen von langen Verzögerungen: 17,5 Prozent. Konstant niedrig ist der gefährliche Anteil langer und zugleich hoher Außenstände: 10,2 Prozent (2015), 9,3 Prozent (2016), 10,5 Prozent (2017).
Thailand: In Thailand steigt der Anteil von Unternehmen, deren Liquidität durch ultralange und sehr hohe Außenstände gefährdet ist. Von 2015 (7,0 Prozent) stieg dieser Wert 2016 auf 16,6 Prozent und 2017 auf 22,1 Prozent. Konstant hoch ist die Zahl der Unternehmen, die angeben, dass sich die Summe gegenüber dem Vorjahr erhöht hat. Seit 2015 (34,3 Prozent) ist es jeweils etwa ein Drittel: 31,6 Prozent 2016 und 31,3 Prozent 2017. Dagegen geht der Anteil der Unternehmen, die überhaupt Verzögerungen hatten, deutlich zurück. 2015 war es noch fast jede Firma: 96,6 Prozent. 2016 stellt sich die Lage mit 66,7 Prozent schon entspannter dar, jetzt ist es noch gut die Hälfte der Unternehmen: 51,8 Prozent. 90 Tage und länger warteten 2017 11,5 Prozent auf ihr Geld. Das liegt zwar deutlich über dem 2015er Wert von sehr niedrigen 2,0 Prozent, ist aber eine leichte Verbesserung zum Vorjahr (14,5 Prozent).
Die kompletten Studie zum Download unter „Siehe auch“.
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