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29.03.2016
Länder- und Branchenbewertungen

Chinas Unternehmen leiden unter Zahlungsverzug

Chinas Unternehmen leiden unter Zahlungsverzug

Acht von zehn Unternehmen in China haben 2015 Zahlungsverzögerungen erlitten. Damit gibt es keine Besserung im Zahlungsverhalten der chinesischen Unternehmen. Das hat eine neue Studie von Coface ergeben, an der 1.000 Firmen mit Sitz in China teilgenommen haben. Coface erwartet, dass das Wirtschaftswachstum sich auf 6,5 Prozent verlangsamt, 2015 waren es 6,9 Prozent. Zu den ungelösten Fragen der hohen Verschuldung und Überkapazitäten in vielen Branchen kommen der Abwertungsdruck auf den Renminbi und der volatile Aktienmarkt als Probleme der chinesischen Wirtschaft auch in 2016 hinzu. Kurzfristig werden sich die Zahlungsausfälle in China daher nicht verbessern, erwartet Coface.

Zahlungsverzögerungen bleiben trotz vorsichtigerer Kreditgewährung

2015 haben sich die Zahlungsziele, die chinesische Firmen ihren Abnehmern eingeräumt haben, weiter verkürzt. Dies zeigt, dass die Lieferanten vorsichtiger geworden sind. Grund dafür ist im Wesentlichen eine Mischung aus den schlechten Zahlungserfahrungen aus den Vorjahren, die schwindende Zuversicht und geringere Wachstumserwartungen.

Dennoch ist das Risiko gestiegen. 80,6 Prozent der von Coface befragten Unternehmen gaben an, 2015 Zahlungsverzögerungen erlitten zu haben. Im Vorjahr waren es 79,8 Prozent. 58,1 Prozent der Unternehmen mit Zahlungsverzögerungen berichteten von höheren Summen. Zehn Prozent beklagten zudem Überziehungen von mehr als 150 Tagen, das sind vier Prozentpunkte mehr als 2014. 17,9 Prozent aller Unternehmen hatten sich mit extrem langen Überziehungen von mehr als 180 Tagen auseinanderzusetzen, die zudem mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatz ausmachten. Solche langen Verzögerungen erzeugen einen enormen Druck auf die Finanzstabilität von Unternehmen.

Die Ergebnisse der Coface-Studie decken sich mit Zahlen der chinesischen Bankenaufsicht zu nicht bedienten Krediten (non-performing loans/NPL) [1]. Demnach betrug die NPL-Quote Ende vergangenen Jahres 1,59 Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit 2009. 2003 betrug die Quote 1 Prozent. Dabei stieg der Wert in den ersten drei Quartalen 2015 um mehr als 50 Prozent. In diesem Kontext darf das Risiko für eine weitere Zunahme von Ausfällen nicht unterschätzt werden.

Trübe Aussichten und mehrere Herausforderungen für Wirtschaft

Chinesische Firmen, die schon unter Überkapazitäten und geringen Gewinnen leiden, haben nun ein noch höheres Insolvenzrisiko, da die Regierung sich entschieden hat, das Problem der Überkapazitäten und „Zombiefirmen“ anzugehen. Auch wenn sich die Kreditvergabe abschwächt, wächst die private Verschuldung weiterhin schneller als das Bruttoinlandsprodukt. China hat noch keinen Entschuldungsprozess begonnen und die Risiken steigen. Die Schulden der privaten Unternehmen – ohne Finanzsektor – haben im Juni 2015 201 Prozent des BIP erreicht, im Juni 2008 waren es noch 114 Prozent, im Juni 2013 176 Prozent.

Die 6,9 Prozent Wirtschaftswachstum 2015 waren die niedrigste Rate in 25 Jahren. Die von Coface prognostizierten 6,5 Prozent wären ein weiterer „Rekord“. Der Trend zeigt vor dem Hintergrund der Ausbalancierung des chinesischen Wachstumsmodells und niedrigerer globaler Nachfrage abwärts. Die Regierung setzt auf Reformen, um das Wachstum mehr in Richtung Konsum und Dienstleistungen auszubalancieren. Mittelfristig werden mit diesen Maßnahmen positive Effekte erwartet, kurzfristig haben sie die Lage für  Unternehmen erschwert. Die Gewinne gingen zurück, gleichzeitig hat sich das Kreditrisiko erhöht.

Die Börsen in China erleben eine weitere Problemphase. Beispielhaft dafür ist die erste Januarwoche mit einem Fall der Werte um 16 Prozent. Die Volatilität hat zugenommen. Dazu trägt auch die starke Finanzierung von Aktien über Kredite bei. So steigt zugleich das Kreditrisiko und die Abwärtsspirale könnte sich verstärken. Zeitgleich hat der Yuan einen beispiellosen Fall erlebt. In der ersten Januarwoche landete die Währung auf einem Fünfjahrestief gegenüber dem US-Dollar. Auf den Wert des Yuan drücken zudem Kapitalabflüsse ins Ausland, verstärkt noch durch die Sorgen um die verlangsamte wirtschaftliche Dynamik.

Auf der geldpolitischen Seite hat die People´s Bank of China im November 2014 eine Lockerung eingeleitet und seitdem den Leitzins sechsmal um zusammen 165 Basispunkte gesenkt, den Mindestreservesatz fünfmal um 300 Basispunkte reduziert und über verschiedene Kanäle massiv Liquidität in die Wirtschaft gepumpt: 1.500 Milliarden Renminbi im Januar 2016. Allerdings blieben diese geldpolitischen Maßnahmen bislang ohne großen Erfolg.

Die Strategie der Regierung ist nicht eindeutig, die Behörden müssen zwischen zwei Zielen balancieren. Auf der einen Seite geht es darum, weiter das Wachstum zu stützen, um eine harte Landung zu verhindern und Arbeitsplätze zu sichern. Auf der anderen Seite muss eine Kreditblase verhindert werden. Zugleich stehen die Unternehmen in China vor großen Problemen. Dazu zählen vor allem die hohe Verschuldung mit – trotz der geldpolitischen Verbilligungsmaßnahmen - enormen Finanzierungskosten, die geringe Profitabilität, die von den großen Überkapazitäten in mehreren Branchen verschlimmert wird, sowie die Schwankungen an den internationalen Währungs- und Aktienmärkten. Nachdem die Politik des billigen Geldes 2015 noch nicht gewirkt hat, erwartet Coface für 2016 weitere  Stimulusmaßnahmen. Die Regierung will mit allen Mitteln eine harte Landung verhindern“,erklärt Charlie Carré, Economist bei Coface.

Branchen mit hohem Risiko: Bau, Metall und IT

Die Coface-Studie zeigt, dass der Bausektor die derzeit riskanteste Branche ist und sich die Situation weiter stark verschlimmert. 28,3 Prozent der verzögerten Zahlungen waren länger als 150 Tage ausstehend. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Unternehmen aus der Baubranche, die auf die Umfrage geantwortet haben, gaben an, dass diese Forderungen mehr als zwei Prozent ihres Jahresumsatzes ausmachen.

Die Erfahrung von Coface zeigt, dass es bei solch langen Überziehungen um sechs Monate und länger schwierig wird, Forderungen einzuziehen. Fast 80 Prozent dieser Außenstände werden nicht mehr bezahlt. Wenn die Summe der sehr lange überfälligen Forderungen zudem zwei Prozent des Jahresumsatzes ausmacht, ist oftmals die Liquidität des Lieferanten gefährdet. Eine Kettenreaktion kommt in Gang oder wird beschleunigt.

Unternehmen aus der Metallbranche berichten von 13 Prozent Forderungen, die länger als 150 Tage ausstehen, aus der IT-Branche melden dies 15,2 Prozent. Einige Brachen sind in einer besseren Situation, wenngleich zum Beispiel die Konsumbranchen Einzelhandel und Automobil ebenfalls ein verschlechtertes Zahlungsverhalten feststellen.

 

Coface macht die Befragung der Unternehmen in China zum Zahlungsverhalten seit 2003. 1.000 Unternehmen aus verschiedenen Branchen nahmen im Oktober und November 2015 an der 13. Studie teil. Die Ergebnisse liefern nicht nur Fakten zum Zahlungsverhalten chinesischer Unternehmen. Sie beleuchtet auch das Kreditmanagement der Unternehmen und helfen, es zu verbessern

[1] Quelle: Chinesische Bankenaufsicht (China Banking Regulatory Commission)

Presseveröffentlichung herunterladen : Chinas Unternehmen leiden unter Zahlungsverzug (362,60 kB)

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