Verlorene Illusionen und große Erwartungen in unserem aktuellen Länder- und Branchenrisiko-Barometer

Trotz der Polykrisen von Krieg, Inflation und Rezession bleibt die globale Wirtschaft weiter resilient und trotzt mit einem weltweiten realen BIP Wachstum von 2.2 % der Rezessionsangst. Die aktuelle Länder-Risikoanalyse des Kreditversicherers Coface zeigt weiter, dass die wirtschaftlichen Hoffnungsschimmer zu schwach und die Risiken zu stark sind, um die Länderrisikobewertung europäischer Staaten zu verbessern und damit von einem Aufschwung zu sprechen.

Norwegen bleibt der einzige Staat weltweit, der in der 162 Länder fassenden Liste die Bestnote A1 erhält. In den meisten westeuropäischen Staaten blieb das Länderrisiko unverändert zwischen A2 und A3, wobei sich Irland von A4 auf A3 verbessern konnte und UK der einzige westeuropäische Staat mit der Bewertung A4 bleibt. Österreich wird weiterhin mit A3 bewertet – die Wahrscheinlichkeit für Zahlungsausfälle ist somit zufriedenstellend. „Diese Beurteilung wird sich in den nächsten Monaten halten und ist im Wesentlichen auf zwei Umstände zurückzuführen: Die Wirtschaft ist in den letzten drei Quartalen nicht nennenswert gewachsen und Österreichs wichtigste Handelspartner befinden sich in einer technischen Rezession“, führt Dagmar Koch, Country Managerin Coface Österreich, aus.

 

 

Viele Faktoren führen zu Unsicherheit 

Des Weiteren stellen schwacher privater Konsum, die Geldpolitik der EZB und Unternehmensinsolvenzen die österreichische Wirtschaft vor Herausforderungen. „Wir erwarten, dass der Preisdruck im Laufe des Jahres abnehmen wird. Jedoch bleibt das Konsumverhalten im Stimmungskeller, da ohne staatliche Unterstützung das Ersparte belastet und dadurch die Konsumaktivität bedroht wird“, sagt Koch. Die Geldpolitik der EZB wird weiter die Konjunktur verlangsamen: Mit Juni und Juli wird der Leitzins zu je 25 Basispunkten gehoben, um die hartnäckige Inflation zu bekämpfen. Schlussendlich ist die Steigerung der Unternehmensinsolvenzen um 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein weiterer Unsicherheitsfaktor. Jedoch kann Koch hier Entwarnung geben: „Im Vergleich zu unseren Nachbarländern hat sich das Unternehmensumfeld früher normalisiert und Staatshilfen sind ausgelaufen. Die höhere Anzahl an Insolvenzen ist demnach nicht besorgniserregend, sondern ein Zeichen der Normalisierung.“

 

 

Leichte weltweite Erholung 

„Mit Juni 2023 erkennt man, dass die Länderrisikoveränderungen im Gegensatz zur letzten Analyse im Februar 2023 mehr Aufwertungen als Abwertungen aufzeigt und damit ein positiver Trend in Entwicklungsstaaten zu erkennen ist, der zuletzt 2018 für diese Länder so stark war“, stellt Koch fest. Vor allem Staaten in Asien und Afrika konnten sich verbessern und sind die Zugpferde des globalen BIP Wachstums. Energieexportierende Staaten wie Saudi-Arabien, Kasachstan, Katar und Nigeria stechen heraus und wurden deswegen aufgewertet. Nur zwei Staaten wurden in diesem Jahr abgewertet: Bolivien und Kenia. Dies ergibt sich einerseits aus der Währungskrise des südamerikanischen Staates und andererseits aufgrund der hohen Schuldenlast des ostafrikanischen Landes.

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