#Wirtschaftsstudien

Zahlungsumfrage 2025 im Vereinigten Königreich: Unternehmen sehen sich mit zunehmenden Zahlungsverspätungen konfrontiert

Coface hat die erste Ausgabe seiner Umfrage zum Zahlungsverhalten britischer Unternehmen veröffentlicht. Dabei wird deutlich, dass Unternehmen im Vereinigten Königreich im Vergleich zu anderen Ländern mit einem extrem hohen Maß an verspäteten Zahlungen konfrontiert sind.

  • 90 % der britischen Unternehmen hatten im vergangenen Jahr mit Zahlungsverzögerungen zu kämpfen; 44 % geben an, dass Verzögerungen häufiger auftreten als zuvor
  • Die durchschnittliche Zahlungsverzögerung beträgt 32 Tage, wobei Kleinst- und Kleinunternehmen am stärksten von Liquiditätsrisiken betroffen sind
  • 37 % der Unternehmen erwarten, dass Zahlungsverzögerungen bis 2026 zurückgehen werden, doch der Optimismus ist je nach Branche und Unternehmensgröße unterschiedlich ausgeprägt

 

Britische Unternehmen kämpfen mit Rekordniveau an Zahlungsverzögerungen im internationalen Vergleich

Laut Umfrage sind 90 % der britischen Unternehmen von Zahlungsverzögerungen betroffen, wobei fast die Hälfte (44%) angibt, dass diese Probleme häufiger auftreten als in der Vergangenheit. Dies ist deutlich höher als in anderen europäischen Ländern, wo Frankreich, Deutschland und Polen nur 85%, 81% bzw. 60% melden. Er ist auch höher als die Zahlungsverzugsraten außerhalb Europas, wo die Quote in Asien bei etwa 49 % und in Lateinamerika bei 51 % liegt.

Regulatorische Maßnahmen wie die Payment Practices Regulations 2024 und der Fair Payment Code führen zu einem Einstellungswandel gegenüber verspäteten Zahlungen. Erste Verbesserungen werden bereits beobachtet. Während die Mehrheit der Unternehmen strengere Vorgaben und deren Durchsetzung begrüßt, erwarten nur 68,5 % der Kleinst- und Kleinunternehmen eine Verbesserung ihrer Liquidität – größere Unternehmen zeigen hingegen mehr Vertrauen und Investitionsbereitschaft.

"Verspätete Zahlungen sind zu einer zentralen Herausforderung für britische Unternehmen geworden und bedrohen die finanzielle Stabilität der am stärksten exponierten Betriebe. Neue Vorschriften und positiveres Marktumfeld geben zwar Anlass zur Hoffnung, doch die Erholung muss breit angelegt sein, um sicherzustellen, dass kleinere Unternehmen bei der Weiterentwicklung der Zahlungsgewohnheiten nicht zurückbleiben."
Benoit Urbin, Country Manager von Großbritannien und Irland

 

Zahlungsziele: weit verbreitet, aber zunehmend risikobehaftet

Die Gewährung von Zahlungszielen ist unter britischen Unternehmen weiterhin weit verbreitet. Lediglich 3 % der Unternehmen verweigern ihren Käufern jeglichen Kredit. Die gängigsten Zahlungsbedingungen liegen zwischen 1 und 30 Tagen (37 % der Befragten), während nahezu die Hälfte der Unternehmen ihre Zahlungsfristen im vergangenen Jahr verlängert hat. Kleinst- und Kleinunternehmen gewähren tendenziell kürzere Zahlungsziele (durchschnittlich 46 Tage) als große Unternehmen (56 Tage), was ihre begrenzte Fähigkeit widerspiegelt, Zahlungsverzögerungen abzufedern. Auch branchenspezifische Unterschiede sind deutlich: Unternehmens- und Finanzdienstleister gewähren häufig längere Zahlungsfristen, während Pharma- und Medienunternehmen kürzere Zahlungsziele bevorzugen.

Zahlungsverzögerungen: eine anhaltende und weit verbreitete Herausforderung

Die Umfrage zeigt, dass Zahlungsverzögerungen mittlerweile ein systemisches Problem für britische Unternehmen darstellen. Kleinst- und Kleinunternehmen sind davon besonders betroffen: Fast 50 % berichten von häufigeren Verzögerungen, verglichen mit 39 % bei mittelgroßen und 42 % bei großen Unternehmen. Ihre kürzeren Zahlungsfristen und begrenzten finanziellen Reserven machen sie anfälliger für wirtschaftliche Schocks. Die durchschnittliche Verzögerung beträgt derzeit 32 Tage, eine Zahl, die für alle Unternehmensgrößen gleich ist, aber die kleinsten Unternehmen unverhältnismäßig stark trifft.

Quelldaten im .xls Dokument

 

Branchenspezifische Unterschiede und Ursachen

Die Umfrage zeigt deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Besonders stark betroffen von zunehmenden Zahlungsverzögerungen sind die Baubranche und die Automobil- und Transportbranche, in denen jeweils 95 % bzw. 93 % der Unternehmen von verspäteten Zahlungen berichten. Demgegenüber melden Unternehmen aus dem Verlagswesen, der Kommunikations- und Medienbranche (60 %), der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft (78 %) sowie aus gemeinnützigen Organisationen, öffentlicher Verwaltung und Bildung (78 %) deutlich weniger Probleme. Dies ist häufig auf längere Zahlungsfristen oder eine höhere Disziplin auf Käuferseite zurückzuführen.

Die längsten durchschnittlichen Verzögerungen wurden in der Baubranche (38,2 Tage) und im Bereich Unternehmensdienstleistungen (38,1 Tage) gemeldet, während die kürzesten Verzögerungen im Verlagswesen, in der Kommunikations- und Medienbranche (21 Tage) zu verzeichnen waren. Trotz der geringsten durchschnittlichen Verzögerungen gaben rund 50 % der Unternehmen im Verlagswesen, in der Kommunikations- und Medienbranche an, dass verspätete Zahlungen erhebliche Auswirkungen auf ihren Cashflow hatten.

Die Ursachen für Zahlungsverzögerungen haben sich zunehmend von operativen Störungen hin zu finanziellen Schwierigkeiten auf Käuferseite verlagert. Einige Unternehmen berichten sogar von bewusst herbeigeführten Zahlungsaufschüben, die nicht auf Liquiditätsengpässe zurückzuführen sind.

  • Die Bauwirtschaft, das Gastgewerbe sowie die Papier- und Holzbranche sehen steigende Zinssätze als das größte Risiko, das zu Zahlungsverzögerungen beiträgt.
  • Unternehmensdienstleistungen, Chemie, Energie und Kunststoffe, Finanzdienstleistungen sowie IKT nennen Cybersecurity-Bedrohungen als größtes Risiko.
  • Andere Branchen berichteten von Lieferkettenstörungen (Automobil/Transport, Fertigung und Einzelhandel) und Arbeitskräftemangel in Schlüsselbranchen (Agrar- und Lebensmittelindustrie sowie Pharmazeutika) als Risiken.

Ausblick für 2026: Verhaltener Optimismus

Trotz der aktuellen Herausforderungen gibt es Anzeichen für Hoffnung. Über ein Drittel der befragten Unternehmen rechnet mit einem Rückgang der Zahlungsverzögerungen im Jahr 2026. Grund dafür sind die verbesserte wirtschaftliche Stimmung und die Erwartungen einer höheren Rentabilität und eines stärkeren Cashflows. Der Optimismus ist jedoch nicht flächendeckend: Kleinst- und Kleinunternehmen bleiben zurückhaltend – 66 % gehen davon aus, dass sich die britische Wirtschaft bis 2026 verschlechtern oder unverändert bleiben wird. Zudem bestehen in mehreren Branchen weiterhin strukturelle Risiken, darunter Zinsschwankungen, Cyberbedrohungen und anhaltende Störungen in den Lieferketten.

Quelldaten im .xls Dokument

Coface sichert weltweit Handelsgeschäfte im Wert von 600 Milliarden Pfund ab und unterstützt Unternehmen dabei, sich gegen Zahlungsausfälle ihrer Kunden abzusichern. Im Rahmen dieser Tätigkeit erhebt und analysiert Coface umfangreiche Daten zu den Risiken, denen Unternehmen im Vereinigten Königreich ausgesetzt sind. Diese systematische Risikoanalyse verschafft Coface eine besonders unmittelbare Perspektive auf die Entwicklungen im Bereich Zahlungs- und Liquiditätsrisiken. Sobald sich finanzielle Spannungen im Markt abzeichnen, erkennt Coface diese häufig bereits in einem frühen Stadium – direkt dort, wo sich Risiken zuerst bemerkbar machen.

 

> Lesen Sie die vollständige UK Payment Survey (.pdf) <

Autoren und Experten