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25.05.2016
Länder- und Branchenbewertungen

Versinkt Brasilien im Sturmtief?

Versinkt Brasilien im Sturmtief?

Brasilien taumelt in einem heftigen Sturm. Schon die andauernde politische Krise und tiefe wirtschaftliche Rezession ließen die Zuversicht zusammenbrechen. Jetzt wurde das Ganze noch getoppt durch das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff. Vor 2017 ist nicht mit einer Erholung der Wirtschaft zu rechnen. 2015 sank die Wirtschaftsleistung um 3,8 Prozent, in diesem Jahr dürfte es mit dem BIP weiter nach unten gehen.

 

Am 12. Mai 2016 musste Präsidentin Dilma Rousseff ihren Amtssitz verlassen, nachdem der Senat für ein Amtsenthebungsverfahren gestimmt hatte. Das Verfahren wird mit Verstößen gegen Finanzgesetze begründet, nachdem finanzielle Unregelmäßigkeiten bekannt geworden waren. Jetzt hat Vizepräsident Michel Temer (PMDB) die Amtsgeschäfte übernommen, und das Oberhaus hat 180 Tage Zeit, ein Gerichtsverfahren einzuleiten. Rousseff wird auf jeden Fall entlassen, wenn zwei Drittel des Oberhauses dafür stimmen. Dann würde Temer die Geschäfte bis zum Ende der Wahlperiode Ende 2018 weiterführen.

Die "Autowäsche" brachte den Aufstand gegen die Regierung ins Rollen. Die Ermittlungen richteten sich gegen einige der wichtigsten Manager und Politiker Brasiliens und begründeten den Verdacht, dass mit dem Geld des Energiekonzerns Petrobras politische Kampagnen finanziert und politischer Einfluss im Kongress erkauft wurden. Auch persönliche Bereicherung war wohl im Spiel. Fest steht, dass Petrobras 2014 rund 6,2 Milliarden Real (ca. 2,3 Mrd. US-Dollar) in der Bilanz abgeschrieben hat. Das entspricht 0,1 Prozent des BIP Brasiliens. Wie die Car-Wash-Ermittlungen aufdeckten, war das Geld in Korruptionskanäle geflossen.

Obwohl der Markt bislang positiv auf Nachrichten über die Amtsenthebung reagiert hat, ist mit einer wirklichen Entspannung nicht zu rechnen, da auch die Partei des Vizepräsidenten unter Korruptionsverdacht steht. So ist sie kaum als wirkliche Alternative zur aktuellen Regierung anzusehen.

Eine Wirtschaft vor dem Kollaps wartet auf neue Regierung

Wirtschaftlich betrachtet war 2015 mit minus 3,8 Prozent Wachstum das schlechteste Jahr seit 1990. In keinem Punkt hat das Land wirkliche Fortschritte erreicht. Die Inflation stieg auf 10,7 Prozent, nachdem die administrierten Preise angehoben wurden und die Währung stark abgewertet hat. Damit lag die Preissteigerungsrate deutlich über den anvisierten 4,5 Prozent. Geldpolitische Maßnahmen griffen nicht, die Staatsverschuldung stieg ebenso weiter wie das Haushaltsdefizit. Coface hat Brasilien in der Länderbewertung schon im September 2015 von A4 in B herabgestuft. Im Januar erfolgte eine weitere Herabstufung in C. Bei den drei großen Ratingagenturen hat Brasilien nur noch Ramsch-Status.

Bevor die politischen Probleme nicht vollständig gelöst sind, wird sich die Wirtschaft des Landes nicht erholen. Die erste Nagelprobe kommt mit den Finanzdaten für 2016. Ende März stand das für 12 Monate akkumulierte Defizit bei 2,28 Prozent. Der von der Rousseff-Regierung angestrebte Wert 1,6 Prozent ist unrealistisch.

Auch die Geschäftsklima-Indices zeigen nur kurzfristig aufwärts, da Temer keine starke Unterstützung im Volk hat. Er ist nicht direkt gewählt und seine Partei ebenfalls in die Korruptionsaffäre verstrickt.

Nur zwei Variablen könnten sich kurzfristig verbessern: die Handelsbilanz und die Inflation. Die Außenhandelsumsätze gehen zurück, sowohl im Export als im Import. Zwar hat die starke Abwertung des brasilianischen Reals im vergangenen Jahr die Wettbewerbsposition für lokal produzierte Waren verbessert, die schwächere Währung hat aber auch die Preise für Exporte in US-Dollar verringert. So führten die gestiegenen Exportmengen nicht zu höheren Erlösen.

Branchenrisiken steigen weiter

Die Insolvenzen haben als Effekt auf die Car-Wash-Aktionen und aufgrund der anhaltenden Rezession ein Rekordhoch erreicht. 2015 fielen 1287 Unternehmen unter das Chapter XI in Brasilien, das sind im Jahresvergleich 55 Prozent mehr. Im ersten Quartal 2016 wurden bereits 409 Anträge gestellt, plus 114 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Damit dürfte sich der Negativtrend in diesem Jahr noch beschleunigen.

 

 

The unfavourable scenario has also spilled over into the economy´s major sectors, leading to higher insolvency rates. According to Coface’s sector barometer, the country’s main segments of activity are currently at high risk. The situation is still worse for the construction, automotive and steel industries, which are currently at very high risk.

 

“There is no easy way out of the crisis and population is tired of corruption, which makes a short term rebound in confidence unlikely”, says Patricia Krause, Economist for Coface Latin America.

 

The anti-government protest of March 13th was the largest in the country´s history, with 3 million participants. It showed that the population is not only displeased with the incumbent government, but more in general with all of the politicians under investigation. Moreover, whatever the outcome of the political dispute, the high fragmentation of Congress will continue to hamper the advancement of the country’s much-needed structural reforms.

In summary, two things are clear. An economic rebound will not be immediate. There should be slight improvements in confidence indexes and possibly mild GDP growth rates starting in 2017. However, some agents are already forecasting that the current decade will be a lost one, in terms of economic activity.

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