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08.08.2014
Länder- und Branchenbewertungen

Aktuelle Coface-Prognose vor der Wahl: Türkische Wirtschaft unter Druck

Turkish economy, corporate risks under pressure in 2014
  • Inflation, Lira-Abwertung und hohe Lebensmittelpreise
  • Politische Risiken unter Beobachtung
  • Unternehmensrisiken steigen; Ausnahme: Industrie mit Auslandsfokussierung
 2014: Höhere Unternehmensrisiken

Nachdem 2013 die türkische Wirtschaft dank der lebhaften Inlandsnachfrage ein starkes Wachstum (+4 Prozent) verzeichnete, wendet sich das Blatt 2014. Der geringere Anstieg des BIP lässt sich auf die schwächere Kauflust aufgrund der steigenden Kreditzinsen und Maßnahmen zur Begrenzung der Kreditvergaben zurückführen. Die Arbeitslosigkeit dürfte im Zusammenhang mit der konjunkturellen Verlangsamung kurz- und mittelfristig steigen. Die drastische Lira-Abwertung im Dezember 2013 und Januar 2014 führte zu einer Inflationsrate von 7,4 Prozent, die deutlich über den von der Zentralbank anvisierten 5 Prozent lag. Diese Währungsschwäche verursacht jetzt Risiken im privaten Wirtschaftssektor, da sie die Produktion verteuert und die Gewinnspannen begrenzt.

 

Vor der anstehenden Präsidentschaftswahl Mitte August ist Coface vorsichtig bei der Bewertung der Unternehmensrisiken in der Türkei. Im Falle politischer Spannungen wie zuletzt im Dezember und Januar, könnten ausländische Investoren das Land verlassen. Dies würde zu starken Schwankungen an den Devisenmärkten führen. Eine solche Situation würde des Weiteren die Auslandsverschuldung der Unternehmen, die sich ohnehin auf einem hohen Niveau befindet, weiter belasten. Aufgrund dieser Faktoren hat Coface die Türkei in der Länderbewertung in der Stufe A4 auf negative Beobachtung gesetzt.

 

„Unter diesen Umständen sind die Risiken für Branchen, die hauptsächlich auf die Inlandsfrage angewiesen sind, höher. Auslandsorientierte Unternehmen sind dagegen in einer vorteilhafteren Situation: Sie profitieren von der wirtschaftlichen Erholung in Europa, dem Haupthandelspartner der Türkei, und der schwächeren Lira“, meint Seltem Iyigun, Economist Coface Middle East and North Africa.

 

  • Baubranche: Im ersten Quartal stabil, aber Nachfrage nach Wohnhäusern geht zurück

Die geringere Inlandsnachfrage und die höheren Kreditzinsen werden auch die Baubranche beeinträchtigen. Im ersten Quartal erfolgten zwar mehr Hauskäufe als erwartet. Sie gingen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aber dennoch um -6 Prozent zurück. Dabei sank jedoch der Anteil der kreditfinanzierten Gebäude um 30 Prozent. Kurz- und mittelfristig wird der Zinsanstieg weiteren Druck auf Immobiliengeschäfte verursachen. Das dürfte sich auch nachteilig auf Baunebenbranchen wie Baustoffe, Metall, Stahl und Handel mit Haushaltsgeräten auswirken.

  •  Textil- und Bekleidungsindustrie: Profitieren von der schwachen Lira und Rückkehr der europäischen Kunden

Für die Textil- und Bekleidungsbranche bringt die Abwertung der Lira Vorteile, da die Produkte wieder wettbewerbsfähiger werden. Die Branche insgesamt profitiert von der Nähe zu den europäischen Hauptabnehmern, großen Produktionskapazitäten und Maschinenparks. Erste Zahlen zeigen, dass die türkischen Textil- und Kleidungsexporte bereits dank der Erholung in Europa gestiegen sind. Von dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA würden türkische Unternehmen profitieren, die in Osteuropa investieren. Dortige Standorte könnten eine gute Strategie sein, um die Zollbarrieren in die USA zu umgehen. 2014 könnten die Exporte die schleppende Inlandsnachfrage ausgleichen. Dennoch bleiben die Volatilität der Wechselkurse und Rohstoffpreise große Risiken für die Textil- und Bekleidungsindustrie. Um mittel- und langfristig erfolgreich zu sein, müsste in die Markenbildung sowie Forschung und Entwicklung investiert werden.

  • Automobil: Inlandsverkäufe gebremst, Fokus auf Export

Restriktionen bei Konsumentendarlehen, Steuererhöhungen und die Lira-Abwertung werden voraussichtlich die Inlandsabsätze der Autoindustrie einbrechen lassen. Von Januar bis April 2014 gingen die Verkäufe von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um -25,5 Prozent zurück. Die Erholung in den europäischen Märkten und die schwächere Lira sollten den Export stützen, der im Vorjahresvergleich um +4 Prozent anstieg. Der Industrie würde jegliche Steuerentlastung helfen, um vom großen Potenzial des Binnenmarktes zu profitieren und so letztendlich auch den Export weiter zu stärken.

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