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10.05.2018
Länder- und Branchenbewertungen

Neue Handelsströme im Mittelmeerraum

Neue Handelsströme im Mittelmeerraum

Zunehmender Protektionismus führt dazu, dass sich im Mittelmeerraum die Handelsbeziehungen verändern und sich die regionalen Handelsströme umformen. Zwei neue Trends bilden sich heraus:

  • Länder im Süden und Osten bewegen sich qualitativ aufwärts. Das zeigt sich besonders bei den Exporten in den Bereichen Automotive und Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT).
  • Rohstofflieferanten für Energie, Chemie und Bau bauen ihre Marktposition aus: Griechenland, Zypern und Ägypten.

 Handel innerhalb der Mittelmeerregion schwächelt

 

Während in Asien die Bedeutung des regionalen Handels immer mehr zunimmt, schaffen das die Länder am Mittelmeer nicht. Auch die Ausbreitung bilateraler und multilateraler Handelsabkommen seit dem „Barcelona-Prozess“ von 1995 führte zu keiner vergleichbaren Entwicklung. So ging der Anteil der Exporte innerhalb der Region von 31 Prozent 2001 auf 29 Prozent 2016 sogar leicht zurück. Ein Großteil davon (79,4 Prozent der Im- und Exporte) läuft zudem zwischen den Euro-Med-Ländern Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Slowenien, Griechenland, Zypern und Malta. Die Süd-Med-Länder Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten haben einen Anteil von 10,1 Prozent, die Ost-Med-Länder Israel, Türkei und Libanon 8,4 Prozent und die Balkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Montenegro 2 Prozent.

Der in den vergangenen 20 Jahren verstärkten Kooperation wirken andere Faktoren entgegen und bremsen die regionale Handelsintegration. Meistgenannt ist der Wettbewerb zwischen den südlichen und östlichen Ländern in den Branchen Textil und Landwirtschaft. Aber es gibt weitere. Die Wirtschaftskrise 2009 und der Arabische Frühling 2011 behinderte die Öffnung der Länder und reduzierten die Dynamik in den östlichen und südlichen Staaten mit Ausnahme von Marokko. Außerdem verkompliziert die Umsetzung unterschiedlicher und konkurrierender Abkommen den Handelsprozess. Entgegen der eigentlichen Absicht, mehr miteinander zu handeln, wurden aber immer wieder und immer mehr protektionistische Maßnahmen eingeführt: Steuern, Anti-Dumping-Maßnahmen, Subventionen und Quoten. Seit 2012 haben die Mittelmeeranrainer netto 381 solcher Maßnahmen mehr eingeführt. Etwa die Hälfte richtet sich gegen die Nachbarn rund ums Mittelmeer.

Südliche und östliche Mittelmeerländer führen mehr Automotive- und ICT-Produkte aus und starten Rohstoffexporte

 

Seit den 2000er Jahren hat sich die Exportstruktur in der Region verändert. So verlieren die Euro-Med-Länder Anteile bei höherwertigen Sektoren wie Automobil und ICT und gewinnen bei verarbeiteten landwirtschaftlichen Produkten und im Chemiesektor hinzu. Gleichzeitig bewegen sich die südlichen und östlichen Länder in höherwertige Segmente zu Lasten der traditionellen Branchen wie Textil. Auf dem Balkan sind diese Entwicklungen weniger ausgeprägt, wenngleich ein deutlicher Anstieg der Exporte aus der Landwirtschaft und dem Metallsektor erkennbar ist. Auch der Handel zwischen nordafrikanischen und Ost-Med-Länder legt zu und bildet neue Handelsrouten heraus.

  • Automotive: Marokko und Türkei in Richtung Euro-Med und Ost-Med

Die Politik der Türkei und Marokkos, sich durch die Stärkung industrieller Bereiche in die globalen Wertschöpfungsketten einzugliedern, hat auch dazu geführt, dass die Automotive-Exporte in die Mittelmeerländer zugelegt haben. 2016 verbuchte die Türkei 13 Prozent der regionalen Automotive-Exporte, im Jahr 2000 waren es 2 Prozent. Dabei stieg auch der Anteil in die Euro-Med-Länder. In der Zeit von 2012 bis 2016 betrug der Anteil der Automotive-Ausfuhren Marokkos in die Mittelmeerländer an den Gesamtexporten des Landes 13 Prozent. Obwohl die meisten Exporte auf den europäischen Markt gehen, gehöre auch die Türkei und Ägypten zu den Zielländern.

 

  • ICT: Tunesien und Marokko in Richtung Euro-Med

Sowohl Tunesien als auch Marokko bauen ihre Ausfuhren von Produkten des ICT-Sektors aus. Tunesiens neue Spezialisierung zeigt sich in steigenden Exporten nach Frankreich und auch nach Spanien. Sie machen mittlerweile 30 Prozent alle Ausfuhren in die Euro-Med-Länder aus. Unter den Zielländern Marokkos gibt es Verschiebungen von Frankreich, Portugal und Malta hin zu Spanien und Italien.

 

  • Energie: Griechenland und Malta in Richtung Ost-Med

Zwar bleibt Energie die am meisten gehandelte Ware im Mittelmeerraum, doch die Struktur des Sektors verändert sich. Gas- und Ölexporte verlieren an Bedeutung, dafür gewinnen raffinierte Produkte an Bedeutung. Griechenland und Malta exportieren mehr in die Ost-Med-Region, vor allem in die Türkei und nach Ägypten.

 

  • Chemie: Ägypten und Zypern in Richtung Ost-Med und Euro-Med

Chemie und Plastik ist ein traditioneller Sektor in Ägypten. Hauptabnehmer sind die Türkei und der Libanon, aber auch Ausfuhren nach Frankreich legen zu. Auch Zypern exportiert verstärkt in den östlichen Mittelmeerraum, besonders nach Israel, Griechenland und in den Libanon.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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