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10.03.2015
Länder- und Branchenbewertungen

Was bedeutet der niedrige Ölpreis für Lateinamerika?

Was bedeutet der niedrige Ölpreis für Lateinamerika?
  •  Der Fall des Ölpreises wirkt sich in der Region Lateinamerika von Land zu Land verschieden aus. Während Venezuela am stärksten betroffen ist, können sich unter anderem Chile und Peru über eine positive Handelsbilanz freuen.

 

In den letzten Monaten befanden sich die Ölpreise im freien Fall: Von einem Preishoch um die 114 US-Dollar am 20. Juni 2014 auf 48 US-Dollar am 28. Jänner 2015. Dieser Einbruch um 57,8% geht einher mit einer höheren Produktion und geringerer Nachfrage. Auf der Anbieterseite hat die jüngste Schiefergas-Revolution die Produktion in den USA auf den höchsten Stand in drei Jahrzehnten katapultiert. Auf der anderen Seite drückt das gebremste Wachstum des größten Ölverbrauchers China (12%) die Nachfrage. Mit der Entscheidung der OPEC im vergangenen November, die Produktion nicht zu drosseln, wird der Druck auf die Preise verstärkt. Das Ziel der OPEC ist, Investitionen in neue Schiefergasfelder zu bremsen, da diese die eigene Profitabilität schmälern würden.

 

Die Auswirkungen auf Lateinamerika hängen davon ab, wie lange die Öl-Preise noch auf diesem niedrigen Niveau bleiben und äußeren sich von Land zu Land verschieden.

 

 

 

Am stärksten ist Venezuela betroffen. Die Prognosen des IWF (Internationalen Währungsfonds) gehen davon aus, dass die Senkung des Ölpreises um jeweils 10 US-Dollar die Handelsbilanz des Landes um 3,5% des BIP reduziert. Gemessen an den Netto-Öl-Exporten bekommen Kolumbien und Ecuador nach Venezuela den Preisverfall am stärksten zu spüren. In Chile, Brasilien, Argentinien und Peru könnte sich der sinkende Ölpreis positiv auf die Handelsbilanz auswirken. Allerdings könnten mittelfristig Investitionspläne im Treibstoffsektor in Argentinien und Brasilien negativ beeinflusst werden.

 

 

 
Prognosen für Kolumbien, Chile und Argentinien:

Das Wachstum dürfte sich 2015 in Lateinamerika verbessern. Coface erwartet einen Anstieg des BIPs um 2,3%. Trotz des besseren Ausblicks ist dieser Wert eher schwach, hauptsächlich wegen des Stagflationsszenarios in Brasilien. Dieses Land macht einen Großteil der Wirtschaftsaktivität Lateinamerikas aus; die Wirtschaft wird voraussichtlich nicht wachsen -  zumindest kurzfristig nicht“,erklärt Patricia Krause, Coface Economist Latin America.

 

In Kolumbienbleibt die Wirtschaftsaktivität stark. Das Wachstum wird weiterhin vom Binnenmarkt getragen, hauptsächlich durch Investitionen in die Infrastruktur, den sozialen Wohnungsbau und den privaten Konsum. Ende 2014 lag die Inflation bei 3,66% und damit leicht über dem anvisierten Mittelwert von 3%. Der Preisrückgang beim Öl verschlechtert die Handelsbedingungen, belastet die Währung und erhöht den Preisdruck.

 

In Chilehat sich die Wirtschaftsaktivität schon seit dem vierten Quartal 2013 verlangsamt und erreichte im dritten Quartal 2014, mit nur 0,8 % Wachstum im Vergleich zum Vorjahr, seinen niedrigsten Zuwachs seit 2009. Die Entwicklung geht einher mit niedrigeren Kupferpreisen, die sich auf die Investitionen und die Handelsbilanz auswirken. Die Exporte machen 27% des BIP aus und die Hälfte der Ausfuhren entfällt auf mineralische Rohstoffe. Eine Steuerreform, die Ende September 2014 in Kraft getreten ist, trübte zusätzlich die Zuversicht der Wirtschaftsakteure.

 

Argentiniendurchläuft immer noch eine turbulente Phase. Die Wirtschaftsaktivität verlangsamte sich drastisch 2014 und die Inflation betrug (nach inoffiziellen Quellen) 40%. Devisenreserven sind knapp und die Zahlungsausfallssituation ist noch nicht gelöst. Coface erwartet für 2015 einen Rückgang des BIP um 1% (2014: -1,5%). Die Gründe dafür sind der nachlassende private Konsum, hohe Inflation, ein schwacher Arbeitsmarkt und wenig Vertrauen in die Zukunft.

 

Die wichtigsten Sektoren im Fokus
  •  Bergbau in Chile: bei Kupfer trotz Schwierigkeiten die Nummer 1

 Der Bergbau ist eine wichtige Stütze der chilenischen Wirtschaft. Chile ist mit rund einem Drittel der Weltproduktion von Kupfer global führend, fördert aber auch Gold, Silber, Molybdän, Eisen und Kohle. Kupfer macht dabei 50% des Gesamtexportes und 15% des BIP aus. Zwar bleibt es damit das wichtigste Produkt des Landes, die Lage ist jedoch schwierig. Steigende Produktionskosten könnten die gesamte Branche belasten.

 

  • Baubranche in Kolumbien: Positive Aussichten

 Im Gegensatz zu den negativen Aussichten für die Ölindustrie bieten sich der Baubranche Kolumbiens gute Möglichkeiten. Im Zuge des starken Wirtschaftswachstums könnte mehr in die Infrastruktur investiert werden. Die Baubranche hat sich bereits in den letzten Jahren sehr gut entwickelt und zählt jetzt zu den Top-Performern.

 

  • Automobilsektor in Argentinien: Schwache Zukunftsprognose

 Argentinien ist der drittgrößte Automarkt Lateinamerikas und weltweit auf Platz 23 der Hersteller. Damit trägt die Branche knapp 5% zum BIP und 20% zur Industrieproduktion des Landes bei. Die schwache argentinische Wirtschaftsentwicklung schlägt sich auf das Konsumentenvertrauen und die Kaufkraft nieder und hat sich bereits 2014 negativ auf die Automobilindustrie ausgewirkt.

 

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