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02.08.2016
Länder- und Branchenbewertungen

Vereinigte Arabische Emirate: Neue Phase mit langsamerem Wachstum

Vereinigte Arabische Emirate: Neue Phase mit langsamerem Wachstum

Größere Diversifikation macht VAE nicht immun gegen Fall der Energiepreise - Einzelhandel und Tourismus mit Problemen

 

 

  • Wirtschaftliche Diversifikation, politische Stabilität und widerstandsfähiges Finanzsystem begrenzen negative Ölpreis-Effekte
  • Anteil der Nicht-Öl-Aktivitäten am BIP in VAE 2015 auf 75 Prozent gestiegen
  • Ausgaben von Verbrauchern und Touristen werden 2016 steigen
  • Einzelhandel attraktiv für ausländische Direktinvestitionen, aber mit Problemen auf Finanzierungsseite und durch Marktsättigung
  • Abwertungen von Rubel und Euro beeinträchtigen Tourismus
  • Auf China und Indien entfällt fast ein Viertel des VAE-Handelsvolumens

VAE die am stärksten diversifizierte Wirtschaft in der Golf-Region

Der Energiesektor ist weiterhin das Rückgrat der Wirtschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Allerdings tragen auch die anderen Branchen erheblich zum BIP bei und federn die negativen Effekte aus niedrigeren Ölpreisen auf das Wachstum ab. Seit einigen Jahrzehnten investieren die Emirate in Infrastruktur, Finanzdienstleistungen, in den Handel und in die Baubranche, um die Abhängigkeit von  Rohstoffen zu verringern und die Diversifikation der Wirtschaft voranzutreiben. Wie wichtig das ist, zeigt sich seit Mitte 2014 mit dem Einbruch der Ölpreise. Der Anteil der Sektoren, die nicht direkt mit dem Öl zu tun haben, ist von 65 Prozent der Wirtschaftsleistung binnen etwa zehn Jahren bis 2015 auf 75 Prozent gestiegen.

Die Wirtschaft der Vereinigten Arabischen Emirate ist die am stärksten diversifizierte der Golf-Region”,erklärt Seltem Iyigun, Economist bei Coface für die MENA-Region.„Das macht das Land weniger anfällig für Ölpreisschocks. Solide finanzielle Puffer erlauben es der Regierung, weiter in Branchen wie Immobilienwirtschaft, Bau, Handel, Einzelhandel und Tourismus zu investieren.“

Auch die politische Stabilität und das widerstandsfähige Finanzsystem halfen mit, die Auswirkungen der niedrigeren Ölpreise zu begrenzen.„Die Vereinigten Arabischen Emirate bleiben sehr attraktiv für internationale Investoren“, ergänzt Seltem Iyigun. „Das günstige Geschäftsumfeld zeigt sich in hoher Produktivität, einer ausgezeichneten Infrastruktur, starken Verbindungen zu internationalen Märkten und einem dynamischen privaten Sektor.“

Zwar dämpften die niedrigeren Ölpreise gegen Ende 2015 etwas die Zuversicht der Investoren. Der private Konsum blieb aber stark. Auch die Liquidität, niedrige Kreditzinsen und der Tourismus wirkten positiv. So stiegen die Kredite an den privaten Sektor im Februar 2016 im Jahresvergleich um 8,5 Prozent. Die Diversifizierung stützt den positiven Ausblick auch insofern, als die gesunkenen Ölpreise geringe Auswirkungen auf die Beschäftigung hatten.

Die Schlüsselbranchen Einzelhandel und Tourismus stehen allerdings vor Herausforderungen.

 

Probleme des Einzelhandels: Finanzierung und Sättigung

Nach Angaben der Handelskammer Dubai setzte der Einzelhandel 2014 mit 173 Milliarden VAE-Dirham sechs Prozent mehr um als im Jahr zuvor. Die Gesamtausgaben der privaten Haushalte dürften sich 2016 auf 267,1 Milliarden Dirham summieren. Das wären rund 25 Milliarden mehr als 2015. Dazu tragen die hohen verfügbaren Einkommen, eine breite Schicht einkommensstarker Einwohner und im Ausland lebender VAE-Bürger sowie die Touristen bei.

“Derzeit fließen 23 Prozent der Direktinvestitionen aus dem Ausland in den Einzelhandel der VAE“,erklärt Seltem Iyugin. „Trotz der relativen Sättigung bietet der Sektor weiterhin gute Chancen für Investoren durch die starke Infrastruktur, ein entwickeltes Umfeld sowie etliche Mega-Projekte.“

Allerdings nagen die hohen und steigenden Mieten an den Gewinnen der Einzelhändler. Geben die Ölpreise weiter nach, könnte auch das langfristig die Investitionsbereitschaft der Unternehmen bremsen. Die Banken haben mit hohen Liquiditätskosten und Dollarbeschränkungen zu tun, da die Regierung ihre Einlagen aufgrund der Ölpreisrückgänge reduziert hat.

 

Tourismus unter Druck wegen niedrigerer Energiepreise und Wertverlusten von Rubel und Euro

Die Einnahmen aus dem Tourismus betrugen 2014 insgesamt 23,5 Milliarden US-Dollar, 2015 waren es 26 Milliarden US-Dollar. Das entspricht rechnerisch 60 Prozent aller Dienstleistungsexporte oder 5,4 Prozent aller Exporte der VAE. Die Einnahmen dürften im laufenden Jahr noch einmal um 3,3 Prozent steigen, 15 Millionen ausländische Besucher werden erwartet. Um vor allem den Bau von Mitteklassehotels zu fördern, hat die Regierung beschlossen, die 10-Prozent-Abgabe für Neubauten auszusetzen, die zwischen 2013 und 2017 errichtet werden. Die Investitionen in den Tourismussektor werden dieses Jahr voraussichtlich um 2,8 Prozent auf 28,2 Milliarden VAE-Dirham steigen.

Allerdings bleiben einige Herausforderungen. So erreichte in den ersten zwei Monaten 2016 die Hotelbelegung nur 84 Prozent des Vorjahreszeitraums. Härterer Wettbewerb und der starke Dollar drückten auf die durchschnittlichen Zimmerpreise. Sie gingen in dem Zeitraum von 272 US-Dollar auf 237 US-Dollar zurück. Zudem machen die schwächeren Rubel und Euro die VAE zu einem teureren Ziel für Reisende aus Russland oder den Euro-Ländern. All das führt zu Druck auf die Unternehmen in der Hotelbranche.

 

Positiver Ausblick für Immobilien- und Baubranche

Die Regierung setzt in ihrer Diversifizierungsstrategie stark auf den Immobiliensektor. Die Vorbereitungen auf die Weltausstellung 2020 wirken als Katalysator für das Wachstum des Baubereiches.„Trotz niedrigerer Einnahmen aus den Energieverkäufen investierten Dubai und Abu Dhabi weiter in die Infrastruktur, um so auch private Investoren für die Region zu interessieren“,sagt Seltem Iyigun.

Obwohl der Ausblick für die Baubranche insgesamt positiv bleibt, sind Auswirkungen der gebremsten wirtschaftlichen Dynamik erkennbar. So läuft der Haus- und Wohnungsmarkt in den VAE weniger kraftvoll als in den Jahren zuvor. 7800 Wohneinheiten wurden 2015 errichtet, erwartet hatten die Bauträger zu Beginn des Jahres noch 25.000.

 

Handel: Investitionsbeziehungen zwischen Afrika und VAE gestärkt

Mit hohen Investitionen in die Infrastruktur wurden moderne Häfen und Flughäfen geschaffen, die zu den attraktivsten Eingängen in die Region des Golf-Kooperationsrates zählen. Allein die Häfen Dubais bewältigen fast 55 Prozent des Warenverkehrs der Region.

Der wachsende Handel innerhalb der Region und mit Afrika trägt zur Entwicklung der Handelsbranchen bei. Die Golfstaaten investieren stark in Bauprojekte, Infrastruktur und Dienstleistungen, um ihre Wirtschaft weniger abhängig von Öl und Gas zu machen. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds stieg der Wert der zwischen den VAE und Afrika gehandelten Waren und Dienstleistungen von 56,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 auf 82,8 Milliarden US-Dollar 2014. Auch die Investitionsbeziehungen werden immer stärker. Die Golf-Föderation, insbesondere Dubai, bestreitet sechs Prozent der Direktinvestitionen für Neuansiedlungen in Afrika. Die größten asiatischen Handelspartner sind Indien, China und Japan. Auf China und Indien entfällt fast ein Viertel des gesamten VAE-Handelsvolumens.

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