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14.10.2016
Länder- und Branchenbewertungen

Lateinamerika: Warum bleiben Warenexporte schwach?

Lateinamerika: Warum bleiben Warenexporte schwach?
  • Exporte aus Lateinamerika waren zuletzt getragen von der starken chinesischen Nachfrage nach Rohstoffen und deren guten Preisen
  • Dagegen lahmte die Ausfuhr von Produkten schon über die letzten zwei Jahrzehnte
  • Hohe Arbeitskosten, schwache Infrastruktur und unzureichende Handelsabkommen sind Ursachen für diese schwache Performance in sechs Ländern, die Coface untersucht hat: Argentinien, Brasilien, Mexiko, Kolumbien, Chile und Peru
  • Ein Aufschwung bei den Exporten von Fertigprodukten ist kurzfristig nicht zu erwarten

 

In den nächsten Jahren dürfte der Außenhandel kaum wesentlich zum Wirtschaftswachstum der lateinamerikanischen Länder beitragen.

Bis 2014 wurden die Exporte aus Lateinamerika getragen von der starken Nachfrage aus China nach Rohstoffen und den guten Preisen dafür. Die Region profitierte von den Rohstoffvorkommen.  Allerdings führte das in vielen Ländern auch zu Druck auf die Wechselkurse und die Wettbewerbsfähigkeit der produzierenden Branchen.

Die Länder haben es verpasst, den Rohstoffboom zu nutzen, um nötige Reformen einzuleiten. So stehen sie weiter vor ernsthaften Herausforderungen, während sich die finanziellen Möglichkeiten der Regierungen eher verringert haben. Eine Reihe von Faktoren trübt den kurz- und mittelfristigen Ausblick:

  • Keine großen Fortschritte in der preislichen Wettbewerbsfähigkeit wegen weiterer Aufwertungen der Währungen sowie hoher Arbeitskosten;
  • Schwache Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft;
  • Verbesserungen in der Infrastruktur sind vor dem Hintergrund von Korruptionsskandalen und mangelnder regulatorischer Rahmenbedingungen schwierig;
  • Weltweit zunehmender Protektionismus macht neue Handelsabkommen mit wichtigen Zielländern unwahrscheinlich

Produzierendes Gewerbe: Schwache Entwicklung in den letzten zwei Jahrzehnten, Mangel an höherwertigen Gütern

Die Ausfuhren von produzierten Waren zeigen in den sechs untersuchten Ländern einen Anstieg nach Wert. Allerdings spielten Primärgüter eine größere Rolle als Fertigprodukte. Die Rohstoffexporte dominierten die Ausfuhrbilanz etlicher Länder, auch wegen der bis Mitte 2014 gestiegenen Preise. Zugleich gewannen Landeswährungen an Wert, stiegen die Löhne und in einigen Fällen auch die Steuern. Dies wirkte sich auf die Wettbewerbsfähigkeit der produzierenden Branchen nachteilig aus.

So stieg der Anteil der Warenexporte am BIP zwar in allen sechs Ländern an, jedoch nicht wesentlich. Zudem scheint sich der leichte Trend seit 2015 wieder umzukehren. Nur in Mexiko, wo das produzierende Gewerbe eine starke Position hat, stieg der BIP-Anteil von 19 Prozent im Jahr 2005 bis 2015 auf 27 Prozent. In den anderen Ländern lag der Beitrag zum BIP 2015 jeweils unter 5 Prozent.

Was behindert den Export?

  • Arbeitskosten: Die Löhne sind ein wichtiger Faktor in der Kostenstruktur der Unternehmen und für die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten. In Brasilien und Argentinien stiegen die Mindestlöhne starker als die Produktivität.
  • Schwache Infrastruktur: Die Infrastrukturprobleme in Lateinamerika sind lange bekannt. Während der “Rohstoff-Bonanza” wurde allerdings wenig getan, um die Situation zu verbessern. Die Infrastruktur ist ein Faktor, der einen Aufschwung der Exporte behindert. Zudem macht die komplizierte Ausfuhrbürokratie den Unternehmen zu schaffen.
  • Begrenzte Handelsabkommen: Im letzten Jahrzehnt hat Mercosur nur zwei Handelsabkommen geschlossen, beide mit nach Handelsvolumen weniger wichtigen Ländern. Selbst die Länder der Pazifik-Allianz, die bislang erfolgreicher in der Gestaltung von Abkommen waren, konnten die Güterausfuhren nicht wesentlich steigern.

Warenexporte: Kurzfristig keine Verbesserung zu erwarten

Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit dürfte sich kaum verbessern, auch wegen der Wechselkursentwicklung und der höheren Arbeitskosten. Zudem gab es in der Region bislang keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen Abwertungen einer Währung und einem folgenden Aufschwung der produzierenden Branchen und der Exporte.

Ein weiterer Aspekt ist, dass von der Weltwirtschaft kaum Nachfrageimpulse ausgehen dürften. Coface erwartet, dass das BIP der Industrieländer sowohl 2016 als auch im nächsten Jahr um lediglich 1,6 Prozent steigen wird (nach 1,9 Prozent 2015). In den Emerging Markets wird das Wachstum voraussichtlich bei 3,7 Prozent in diesem und 4,2 Prozent im nächsten Jahr liegen (nach 3,4 Prozent 2015). Auch die Wirtschaft Chinas wird weiter gebremst wachsen.

Lateinamerika muss unbedingt seine Infrastrukturprobleme lösen, auch um die Transportkosten zu senken und die Produktivität zu steigern. Die Regierungen fördern zwar Public-Private-Partnerships. Die Investoren bleiben aber vorsichtig, vor allem wegen der unsicheren lokalen Rahmenbedingungen, die sich teilweise weiter verschlechtern. Auch das globale politische und wirtschaftliche Umfeld mit zunehmendem Protektionismus regt nicht dazu an, den Handel wieder stärker zu öffnen und den Export zu stimulieren.

“Vor allem haben es die Länder versäumt, den jüngsten Rohstoffboom für Reformen zu nutzen. So bleiben enorme Herausforderungen bei geringeren Möglichkeiten”, erklärt Patricia Krause, Economist für Lateinamerika bei Coface. So erwartet Coface, dass die Warenexporte aus Lateinamerika auch in den nächsten Jahren schwach bleiben, auch wenn 2017 ein leicht positiver Effekt aus Nachfrage und Rohstoffpreisen eintreten sollte.

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