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13.06.2016
Länder- und Branchenbewertungen

Unternehmen in Asien-Pazifik: Keine Besserung im Zahlungsverhalten

Zahlungsverhalten Asien Pazifik

Coface hat erneut das Zahlungsverhalten der Unternehmen im Raum Asien-Pazifik untersucht. Dazu wurden 2793 Unternehmen in acht Ländern befragt: Australien, China, Hongkong, Indien, Japan, Singapur, Taiwan und Thailand. Erfasst wurde die Entwicklung in acht Branchen. 85 Prozent der Unternehmen gewähren ihren Abnehmern den Lieferantenkredit, liefern also auf Zahlungsziel. Ein Grund dafür: Liquiditätsprobleme der Kunden.

  • 70% der Unternehmen erlebten Zahlungsverzögerungen. Das ist keine Verbesserung zur Untersuchung im Vorjahr.
  • 56% glauben nicht, dass sich die globale Wirtschaft 2016 verbessert.
  • Verschlechterungen im Zahlungsverhalten gab es in Indien, China und Singapur. In den anderen Ländern blieb die Situation unverändert.
  • Branchen mit den höchsten Risiken sind Bau, Industriemaschinen, Elektronik, Automobil, Transport und Metall.

Indien, China, Singapur: starke Verschlechterungen

Rund sieben von zehn Unternehmen berichten von Zahlungsverzögerungen im vergangenen Jahr. Als Hauptgründe gaben sie finanzielle Probleme der Kunden (52%), Druck auf die Gewinne aufgrund des harten Wettbewerbs (35,6%) sowie schwierige Finanzierungsmöglichkeiten (26,4%) an.
In Indien erlebten 84 Prozent der Unternehmen Zahlungsverzögerungen. Alarmierend ist der deutlich gestiegene Anteil von Unternehmen, bei denen besonders lange Außenstände mehr als zwei Prozent des Jahresumsatzes ausmachten1. In der Vorjahresbefragung waren es 24 Prozent, jetzt 32 Prozent. Bleiben Rechnungen lange in Verzug oder fallen Forderungen ganz aus, hat das auch Folgen bei den Banken. Sie werden ihre Kredite reduzieren und Vergabekriterien verschärfen, was sich wiederum auf die Finanzierung der Unternehmen auswirkt. Da sich erwartete Reformen in Indien verzögern, bleibt der mittelfristige Ausblick eher verhalten.
In China bleiben die Zahlungserfahrungen schlecht. 80 Prozent der Unternehmen gaben an, 2015 Verzögerungen erlitten zu haben. Bei 21 Prozent überschritten die Verzögerungen die 90 Tage-Marke. Das ist der höchste Anteil in den untersuchten Ländern. Zu den ungelösten Problemen der hohen Verschuldung und der Überkapazitäten in vielen Branchen kommen der Druck auf die Währung und die Schwankungen an den Börsen hinzu. Dies belastet die Aussichten für den chinesischen Markt auch in diesem Jahr.
In Singapur stieg der Anteil der Unternehmen drastisch, die sehr lange auf hohe Außenstände – mehr als zwei Prozent des Jahresumsatzes – warten mussten. In der aktuellen Befragung gaben das 35 Prozent an, im Jahr zuvor waren es noch 23 Prozent. Ebenfalls mehr Unternehmen – 14 Prozent gegenüber 10 Prozent im Jahr zuvor – berichteten von durchschnittlichen Überziehungen um mehr als 90 Tage und höheren Summen (49% zu 35%). Singapur als asiatische Basis für die global führenden Rohstoffhändler ist nun auch von den gesunkenen Rohstoffpreisen und den globalen Unsicherheiten betroffen.
“Die Unternehmen in Asien haben deutlichen finanziellen Stress aufgrund der Zahlungsverzögerungen. Dies kommt zum Druck auf die Margen als Folge der Überkapazitäten und zur nachlassenden Nachfrage und dem in den letzten Jahren härter gewordenen Wettbewerb hinzu. Auch 2016 dürfte sich die Zahlungssituation kaum verbessern“, erwartet Jackit Wong, Economist für Asien-Pazifik bei Coface.

Japan, Hongkong, Taiwan: Zahlungsverhalten stabil oder besser, Wirtschaftswachstum schwächer

In Japan blieb das Zahlungsverhalten der Unternehmen weitgehend unverändert. Gesamtwirtschaftlich betrachtet verliert die Regierungspolitik „Abenomics“ an Schwung. Dies zeigt sich besonders in den Indikatoren des Einzelhandels, den Quartalszahlen für den Export industrieller Güter und dem Rückgang der Verbraucherpreise um 0,3 Prozent. Coface bleibt in der Prognose vorsichtig und erwartet für Japan 2016 eine Steigerung der Wirtschaftsleistung wie im vergangenen Jahr um nur 0,5 Prozent.
In Hongkong lässt sich ein vorsichtigerer Umgang mit Krediten feststellen. So räumten 2015 weniger Unternehmen (69,4% gegenüber 76,8% im Vorjahr) überhaupt Zahlungsziele ein. Auch die durchschnittlichen Zahlungsfristen fielen etwas kürzer aus. Auch dies dürfte dazu geführt haben, dass sich die Zahlungssituation insgesamt stabilisiert hat. Mit der fortschreitenden Integration der Wirtschaft Hongkongs in die Chinas werden sich sicherlich auch alle Schocks vom Festland stärker auf Hongkong und dessen Wirtschaftswachstum auswirken. Dies hängt stark von der Exportwirtschaft ab und wird sich 2016 voraussichtlich auf 1,5 Prozent verlangsamen, nach 2,4 Prozent 2015.
In Taiwan hat sich das Zahlungsverhalten der Unternehmen verbessert. Deutlich weniger Unternehmen (11,8% nach 21,2% im Jahr 2014) berichteten von Überschreitungen der Zahlungsziele um mehr als 90 Tage. Auch die Zahl der Unternehmen mit sehr langen hohen Außenständen über zwei Prozent des Jahrumsatzes ging deutlich zurück. In der Vorjahresuntersuchung waren es 15,1 Prozent, jetzt noch 10,2 Prozent. Die Erholung in den USA und in der Eurozone wird für die exportabhängige taiwanesische Wirtschaft die negativen Auswirkungen der Entwicklung in China kompensieren können. Coface erwartet eine Beschleunigung des Wachstums nach 0,8 Prozent 2015 auf 1,2 Prozent im laufenden Jahr.

Ein Viertel der Branchen von Überziehungsproblematik betroffen

Der Bau ist die derzeit am meisten gefährdete Branche in der Region Asien-Pazifik. Hier gab es die meisten Unternehmen mit sehr langen und hohen verzögerten Außenständen. Auch die durchschnittliche Überziehung um mehr als 90 Tage sowie die Summen der ausstehenden Forderungen stiegen an. Die Aussichten für die Branche bleiben 2016 schwach. Gegenwind kommt durch die gebremste Wirtschaft in China. Auch strukturelle Reformen und Unsicherheiten wegen des künftigen Zinsanhebungspfades der US-Notenbank wirken auf die Branche wie den gesamten Ausblick für die Region. Das dämpft die Erwartungen für private Investitionen oder Hauskäufe. Positiv wirken dagegen allerdings die anhaltend niedrigen Kreditzinsen und laufende Infrastrukturprojekte.
Unternehmen aus dem Bereich Industriemaschinen und Elektronik hatten am meisten mit Zahlungsproblemen zu tun. 78 Prozent gaben das an, im Jahr zuvor waren es 70 Prozent. 2016 dürfte auch deshalb zu einem weiteren schwierigen Jahr für die Branchen werden. Die stark zyklische Industriemaschinenproduktion beklagt die aktuell schwache Nachfrage. Die lahmt wegen des insgesamt geringen Wachstums des Handels, der stärkeren Ausrichtung der chinesischen Wirtschaft auf Dienstleistungen und der schwachen Investitionen aufgrund der „Japanisierung“ 2 der globalen Wirtschaft. Zugleich wird die geringe Inflation, wenn nicht sogar Deflation, Druck auf Preise und Gewinne erzeugen. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass Unternehmen aus diesem Bereich auf Fusionen und Übernahmen setzen, um ihre Marktposition zu verbessern.
Die Branchen Automobil und Transport erlebten 2015 eine deutliche Verschlechterung im Zahlungsverhalten gegenüber dem Jahr zuvor. Mehr Unternehmen verbuchten gestiegene Forderungsvolumen (35% zu 31%) und besonders lange Überziehungen (23% zu 14%). Die Nachfrage wird voraussichtlich von der wachsenden Mittelschicht und den auch regional niedrigen Kreditzinsen profitieren. Die Nachfrage nach Fahrzeugen in China dürfte von Steuerermäßigungen auf Autos bis 1,6 Liter Hubraum anziehen. Diese gilt seit Oktober 2015 bis Ende 2016.
Im Metallsektor gibt es keine Verbesserungen, und die Probleme werden wohl anhalten. Der Ausblick für 2016 ist negativ. Gründe dafür sind die chinesische und globale Nachfrageschwäche, die enormen Überkapazitäten, das niedrige Preisniveau und die Marktungleichgewichte. Die Restrukturierungsphase könnte 2016 beginnen mit der Schließung von „Zombie“-Stahlfirmen in China und vermehrten Fusionen und Übernahmen.

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