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23.03.2016
Länder- und Branchenbewertungen

Iran: Vorsicht, scharfe Kurve!

Iran: Vorsicht, scharfe Kurve!

Nach fünf Jahren Sanktionen ist der Iran auf dem zurück in die globale Wirtschaft. Dies könnte durch den Öl-Effekt positive Auswirkungen für das internationale Wachstum haben. Vor allem aber steht der Iran selbst vor grundlegenden Veränderungen. Die Lockerungen der Sanktionen durch die P5+1-Vereinbarung wird die Produktion im Iran anschieben. Die iranische Wirtschaft wird sich, vor allem durch den Außenhandel und Investitionen, wiederbeleben. Dieser Wandel von einem weitgehend geschlossenen zu einem offeneren System dürfte allerdings nicht einfach zu steuern sein.

 

Bessere makroökonomische Aussichten, neue Chancen

 

Der Iran ist die zweitgrößte Volkswirtschaft in der Region Naher Osten und Nordafrika (MENA). Nach Zahlen des IWF beträgt das Bruttoinlandsprodukt 416,5 Mrd. US-Dollar. Nach zwei Jahren Rezession erwartet Coface für 2016 ein reales Wachstum um 3,8 Prozent, vor allem aufgrund der gelockerten Sanktionen. Die Regierung geht davon aus, Investitionen aus dem Ausland in Höhe von jährlich mindestens 50 Milliarden Dollar anregen zu können. Diese Summen liegen weit über den 2,1 Milliarden Dollar ausländischer Investitionen im Iran im Jahr 2014.

„Schlüsselindustrien für einen solchen Aufschwung in der Phase ohne Sanktionen dürften der Transport, der Wohnungsbau und die städtische Infrastruktur werden. Darüber hinaus und neben der Öl- und Gasindustrie, von der der Iran stark abhängig ist, haben aber nahezu alle Branchen Entwicklungschancen“, meint Seltem Iyigün, Economist bei Coface für MENA und die Türkei.

 

Aber der Anstieg bleibt begrenzt …

Kurzfristig wird die Wiederöffnung der iranischen Wirtschaft für den internationalen Handel progressiv wirken. Der Iran ist der größte Markt außerhalb der WHO. Das Land ist weitgehend abgeschlossen und die Behörden favorisieren eher eine vorsichtige Öffnung und einen graduellen Abbau der Handelsbarrieren. Die Schwäche des Bankensektors begrenzt ebenfalls das Exportwachstum.

„Importe mit einem Wert über 50.000 US-Dollar unterliegen einer Mengen- und Qualitätskontrolle. Zusätzlich zu den Gebührenbestimmungen dürften regulatorische Begrenzungen und eine starre Bürokratie die Entwicklung des Handels weiter zumindest kurzfristig behindern“, sagt Sofia Tozy, Economist bei Coface für den Nahen Osten. Die schnelle Öffnung für den Handel könnte auch wie ein Schock auf die iranische Währung Rial wirken. Und eine reale Aufwertung der Währung hätte gegenläufige Auswirkungen auf die Binnengeschäfte.

Wegen des derzeit ungünstigen globalen Umfelds und der strukturellen Probleme im Iran könnten die erwarteten positiven Effekte länger auf sich warten lassen. Der gebremste Welthandel und die regionalen Verwerfungen dürften die stimulierenden Aspekte der Öffnung und der geringeren Handelskosten dämpfen. Da der Iran stark von der Ölproduktion abhängig ist, um auch die Binnenwirtschaft insgesamt voranzubringen, sind die aktuell niedrigen Ölpreise kontraproduktiv für diese Entwicklung. Niedrigere Einnahmen bremsen staatliche Investitionen und die Möglichkeiten zur Entwicklung der Wirtschaft aus. Schließlich trüben die schwache Infrastruktur im Land und der fragile Bankensektor langfristig die Wachstumsaussichten.

Mit Blick auf die Branchen hat Coface zwei Sektoren ausgewählt, die den Spagat zwischen Chancen und Problemen aufzeigen, der sich auf dem Weg des Iran in den offenen Markt ergibt.

  • Energie: Die Lockerung der Sanktionen dürfte zu einer Steigerung der Produktion im Bereich fossiler Brennstoffe führen. Gegenläufig wirken indes die schwachen Aussichten auf dem Ölmarkt. Laut Internationaler Energieagentur wird der Iran im laufenden Jahr über 3,1 Millionen Barrel pro Tag Rohöl produzieren, im nächsten Jahr 3,6 Millionen Barrel. 2015 waren es noch 2,8 Millionen Barrel. "Die teilweise Öffnung des Landes wird sicher zu Investitionen in die Ölbranche führen. Richtig investiert, könnte der Iran sogar 4 Millionen Barrel pro Tag produzieren”, meint Sofia Tozy. Allerdings wird der Ausbau der Infrastruktur teuer. Zudem könnte der Eintritt des Iran in den globalen Markt im derzeitigen Umfeld sinkender Ölpreise zu einer weiteren Verschärfung des Ungleichgewichts von Angebot und Nachfrage führen.
  • Automobil: Die Automobilindustrie, die mehr als zehn Prozent zum BIP des Iran beiträgt, wird einer der größten Nutznießer der Sanktionslockerung sein. Bei den Iranern sind internationale Marken begehrt und weitere westeuropäischen Hersteller dürften so gute Voraussetzungen für den Markteintritt vorfinden. Damit wird sich aber die Wettbewerbssituation verschärfen. „Wenn neue Marken kommen, werden es die bereits präsenten Unternehmen schwer haben, ihre Markanteile zu halten. Dies gilt für die chinesischen Hersteller, wenn die Europäer Autos liefern können, die zugleich preisgünstiger und höherwertiger sind“, erwartet Seltem Iyigün.

 

  

 

 

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